Thema: Sportlufi!?
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Alt 20.11.2005, 15:30   #36
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Re: Sportlufi!? K&N

Hi there!

Es gibt viele Mythen rund um das Thema Ram Air oder Staudruckaufladung. Grundsätzlich weisen die Überlegungen vom MX-Drive, in die korrekte Richtung, Folgendes möchte ich jedoch zu bedenken geben:

Man muß sich wirklich einmal vergegenwärtigen, welche enorme Mengen an Luft sich ein Motor reinzieht. In der Tat ist jeder Verbrennungsmotor als Wärmekraftmaschine seine Wesen nach eine eine Luftpumpe, und seine Leistung bemißt sich danach, welche Menge an Luft er pro Zeiteinheit auf welche Temperatur bringen kann. Der Grundsatz dabei ist - keine Frage -: je mehr umso besser.

Der Speed, mit dem diese Luftmassen durch die Ansaugkanäle in die Zylinder des Motors einströmen, ist dabei zwangsläufig nicht von schlechten Eltern. Diese Geschwindigkkeit liegt bereits bei "normalen" Automotoren in der Größenordnung von ca. 60 - 70 m/s - also rund 200 km/h - , in der echten Racingliga kann dieser Wert doppelt so groß sein.

Jedesmal, wenn im Motor ein Kolben nach unten fährt, und er sich Luft reinhechelt, muß die entsprechende Luftmasse in Bewegung gesetzt und beschleunigt werden. Das bedeutet für den Motor (Ladungswechsel-)Arbeit und ist ein Teil seiner unvermeidlichen Verluste. Das ist auch der Grund dafür, weshalb durch einen Turbolader nicht nur der Motor-Wirkungsgrad (d.i. Verbrauch), sondern zugleich auch noch die Leistung optimiert wird

Für jeden, der in seinem Xedos ohne Turbo leben muß, also "NA" - natural aspirated - unterwegs ist, gilt daher der Grundsatz: Alles, was die Beschleunigung der Gassäule im Ansaugtrakt stört, kostet Leistung.

So spricht wenigstens bei meinem 9er alles dafür, daß eine bessere Belüftung der Leistung auf die Sprünge helfen sollte, wenn das Gemisch paßt.

Wie schon gesagt, holt sich der 9er original seine Luft aus dem seinem Motorraum. Warum auch nicht? Die Luft unter der Haube hat zwar vorher den Kühler passieren müssen. Nur um wieviel Grad steigt ihre Temperatur, wenn sie durch 80-90° heiße Lamellen geströmt ist , die doch nur zwei, drei Finger breit ist? Ich würde aus dem Bauch heraus sagen, das sind - wenn es viel sind - vielleicht 5°.
Im Zweifel, wenn es um die Wahl ginge, eine 5° geringere Ansaugtemperatur gegen 5% mehr Luftdurchsatz zu tauschen, würde ich von Performance-Gesichtspunkt her unbedingt die Luftmasse wählen. Und natürlich wäre optimal viel und optimal kühle Luft das Beste, wenn es um die Leistung geht.

Was den möglichen Staudruck-Effekt angeht, sollte man seine Erwartungen auf ein realistisches Maß zurückschrauben.
Moderne Motorräder wie die Yamaha R1 habe serienmäßig ein ziemlich perfektes Ram Air - System. Sein Lufteinlaß ist wirklich groß und sitzt nicht irgendwo, sondern genau im Staupunkt der Verkleidung, wo der Druck maximal ist. Ein derartig effiziente Position ist beim Auto gar nicht leicht zu realisieren, es sei denn, man traut sich, massive Löcher in das Bodywork zu schneiden.

Weil wir es einmal wissen wollten, haben wir auf einer R1 den möglichen Staudruck in der Airbox einmal gemessen. Die Tests haben wir auf der Rennstrecke durchgeführt.
Herausgekommen ist folgendes: Positiver Staudruck erst oberhalb von 160 km/h meßbar, maximaler Aufladeeffekt 30 mbar bei 275 km/h.

30 mbar Ladedruck macht für die Leistung ungefähr soviel aus wie der Unterschied zwischen Hochdruck-Wetterlage und Tiefdruck, also ungefähr reichlich 3%.

Was das Thema "Chiptuning" angeht, so empfinde ich geradezu als Beleidung, in diese Schublade einsortiert zu werden.
Ich arbeite seit mehr als drei Jahren auf Motorrädern daran, ihre Einspritzungen zu verstehen, um dann gezielt die Abstimmung so zu modifizieren zu können, daß immer und überall des Gemisch im wirklich optimalen Fenster liegt. Dieses Fenster liegt nämlich für jeden Motor wegen seiner unvermeidlichen Serienstreuung leicht anders.

Ich habe dabei wirkliche Hochachtung gewonnen vor der Technik dieser kleinen Computer. Und ich habe dabei gelernt, daß nur die Leute wirklich in in die Zentrale von diesen Wundergeräten eingreifen können, die sie konstruiert und gebaut haben - die wären ja auch blöde, wenn sie jeden Wurschtl an ihrfen Knöpfen herumdrehen ließen.
So ein Kennfeld ist eine echt komplexe Sache, und einen Chip auslesen und dann zu wissen, welche von der in ihm abgespeicherten Zahlenkolonnen für welche Motorfunktion zuständig ist, das sind zwei verschieden Paar Schuhe.

Ich habe für mich berechtigten Grund zu der Annahme, daß die meisten Chip-Tunern nur einen Offset von Sensorwerten im Stuergerät erzeugen. Das ist übrigens der gängige Trick für das Diesel-Tuning.
Diese Technik auf einem Level mit den billigen Tricks a la´Temperaturfühler-Abtäuschen. Warum aber dafür Hunderte Eier zahlem, wenn ein Poti von Conrad Elektronik für 5€ den selben Job erledigen kann.

Ich hingegen betrachte das Steuergerät als eine Blackbox, in der ihre Erbauer viel Know How eingeschweißt haben. Mich interessiert daher nur der Output einer Box, ganz egal ob sie bei Bosch, Weber Marelli oder Nippon Denso das Licht der Welt erblickt hat. Im Fall des Benzingemisches sind dies die Steuerimpluse für die Einspritzdüsen, deren Länge die Kraftstoffmenge für den Motor kontrolliert.
Der Ort, wo ich mit meinem Kastl und meiner Technik eingreife und das Serien-System modifiziere, sind die Leitugen (bzw. Stecker), welche die Einspitzdüsen mit dem Steuergerät verbinden. Dort klinke ich mich ein und übernehme, sofern das originale Kennfeld suboptimal arbeitet, die Kontrolle über die Einspritzdüsen.

Auf diese Weise bleiben sämtliche Sensor-Korrekturen aufrecht und unverfälscht wirksam. Das ist nämlich das wirkliche Problem der Sensor-Täuschung. Man kann jedesmal an einem Knopf drehen, wenn sich das Wetter ändert.

Sofern man nicht gleich das ganze Steuergerät durch ein frei programmierbares ersetzen will - schon gesehen für € 1000,---, aber auch für € 3000,-- plus neue Sensor für ca. € 500- 800,-- zuzügl. 10-20 Stunden für die Abstimmung (5 alleine, bis man den Kaltlauf hingebraucht hat) - , halte ich diese Lösung für die einzig wirklich seriöse Technik, ven es um die Modifikation der Serienabstimmung geht.

Eine Option wäre Megasquirt, eine Open Source - Einspritzung aus den USA, die gern für den K-Motor im Ford Probe verbaut wird. Kostet aber einbaufertig auch reichlich $ 400,-- ohne Fracht, Zoll und Märchensteuer. Zudem sind Kennfelder für den Kaltlauf eine begehrte Sache in dieser Community- nicht gerade vetrauensbildend, ganz zu schweigen von allfälligen Problemen bei der ASU.

Mein Motorrad-Kastl kostet ca. 3000 Eier(je nach Ausführung) und modifiziert, so nötig, jeden Last- und Drehzahlbereich bis hin zu einem Drehzahllimit von 20.000. Nur den Leerlauf lasse ich stets serienmäßig. Ist ja auch einer der uninteressantesten Betriebszustände.


Christian, auf der Suche nach der maximalen Beschleunigung.
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