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Alt 11.01.2024, 16:02   #16
wirthensohn
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Mazda 3 Fastback (2023)
Mazda Xedos 6 2.0 V6 (1992)
Eigentlich wollte ich mich zum Autogas-Thema hier gar nicht äußern, weil es dazu wahrlich genug Diskussionen in den letzten 20 Jahren hier im Forum gab, aber jetzt dann doch...

Eine Nachrüstlösung ist nie perfekt, wie es eine werksseitige Lösung sein *kann*. In der Regel sind aber selbst "werksseitige" Lösungen auch nur Nachrüstungen, die nach der Produktion des Fahrzeugs zusätzlich eingebaut werden.

Richtig saubere Werkslösungen gibt es aber in der Tat, aktuell von Dacia und Renault. Dacia ist inzwischen sogar dazu übergegangen, die "Basismodelle" generell serienmäßig ohne Aufpreis mit Autogas anzubieten. Die Dacia-Lösung ist sogar insofern außergewöhnlich und einzigartig, weil der Renault-Dreizylinder-Turbo im Benzin-Betrieb nur 91 PS leistet, im Autogas-Betrieb aber 100 PS. Normalerweise ist die Leistung bei Werks-Autogas-Systemen im Autogasbetrieb ein paar PS geringer, bei guten Nachrüstungen identisch.

So ziemlich alles andere, was Mazda RX-7 SA schreibt, sehe ich aber mit meiner Erfahrung aus inzwischen 19 Jahren und drei Autogas-Fahrzeugen etwas anders:

- Ich erwarte beim Autogas-Auto das gleiche Kofferraumvolumen wie beim reinen Benzin-Auto, aber bitte mit weiterhin gleich großen Benzintank. Das ist aber auch bei Nachrüstlösungen gängig, weil der Gastank in der Reserveradmulde bzw. unter dem Kofferraum verschwindet. Lediglich dieser zusätzliche Stauraum (falls kein Reserverad vorhanden ist) entfällt. Das kann ich aufgrund der erheblichen Vorteile gerne verschmerzen.

- hat man nur noch einen kleinen Benzintank (max. 10 Liter), kann das Fahrzeug als reines Autogas-Auto angemeldet und versteuert werden. Der steuerliche Vorteil ist aber eher verschwindend gering, der zusätzlich Aufwand bei der Zulassung aber nicht. Deshalb gibt es das selbst bei Werks-Lösungen nicht. Nur bei Erdgas-Fahrzeugen findet man sowas gelegentlich.

- Ich selbst habe selten mehr als 10 Liter Benzin im Benzintank (wozu auch?). Aber es ist schon gut, für den Fall der Fälle den kompletten Tank als Reserve zu haben - auch wenn ich das in den 19 Jahren noch nie genutzt habe.

- Zwei separate Tankstandanzeigen sind nicht wünschenswert, sondern Pflicht seitens des Gesetzgebers. Bei Nachrüstlösungen (auch wenn sie vom Autohersteller kommen) ist das meist eine LED-Anzeige direkt am Bedienteil mit dem Umschalter (Benzin-Autogas). Es gibt aber auch werksseitige Lösungen, bei denen entweder beide Tankinhalte im Kombiinstrument angezeigt werden oder aber immer der Tankinhalt des gerade genutzten Kraftstoffs angezeigt wird.

- Gas und Benzin *kann* man nicht über die gleichen Einspritzdüsen einspritzen. Das geht schon aufgrund der völlig unterschiedlichen Eigentschaften der Kraftstoffe nicht: wir haben einmal eine Flüssigkeit mit etwa 3 bar Druck und andererseits ein Gas. Das Gas benötigt ganz andere Ventile und injektoren als die Flüssigkeit.

- Ein einzelnes Steuergerät statt separate wäre vielleicht möglich, aber nicht unbedingt vorteilhaft. Ja, in der Praxis werden die Gas-Injektoren über das separate Steuergerät angesteuert. Das ist aber kein Problem und moderne Gasanlagen sind selbstlernend und selbstadaptierend und steuern die Gasanlage so perfekt, wie es nur möglich ist - schon meine erste Gasanlage von 2005 war selbstlernend und hat sich sogar beim KL-Swap (vom 2.0 V6 auf den 2.5 V6) auf den größeren Motor stillschweigend perfekt selbst angepasst.

- das mit den Ventilen und Ventilsitzen ist ein oft überbewertetes Problem und wird nur dann überhaupt zum Problem, wenn es sich um einen Motor handelt, der keine gehärteten Ventilsitze hat und oft oder zu lange mit hoher Last betrieben wird. Dieses Problem haben insbesondere die Mazda-Benziner vor Zoom-Zoom nicht (serienmäßig gehärtete Ventilsitze, außer dem 1.5i 16V Z5). Und alle Autos, die ab Hersteller mit Autogas angeboten werden (einschließlich Mazda 6 GG) bekommen sowieso gehärtete Ventilsitze. Oder der Motor bekommt gehärtete Ventilsitze bei der Umrüstung.

Von daher sollte man Autogas nicht generell so schlecht reden.

Die üblichen Gegen-Argumente wie

- der Platzverlust im Kofferraum (lediglich das Reserverad weicht dem Autogastank)
- der zusätzliche Wartungsaufwand (völliger Quatsch)
- die teureren Zündkerzen und häufigeren Wechsel (ebenfalls völliger Quatsch)
- die zusätzlichen Kosten beim TÜV (genau 20 Euro alle zwei Jahre)
- die Ventil-Probleme (nur, wenn man einen ungeeigneten Motor umrüsten lässt)
- der Mehrverbrauch (ja, 10% mehr wegen des geringeren Energiegehalts, dem gegenüber steht der halbe Literpreis)

all das sollte man bitte immer unvoreingenommen hinterfragen - um dann festzustellen, dass an all den Argumenten nicht gar sooo viel dran ist.

Allerdings werden auch gerne mal die Nachteile von Erdgas-Fahrzeugen auch den Autogas-Fahrzeugen oder -Umrüstungen angedichtet, wenn Leute Erdgas und Autogas nicht auseinander halten können - und das kommt in den Medien nicht mal selten vor

Grüße
Christian

Geändert von wirthensohn (11.01.2024 um 16:18 Uhr)
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